Gudrun
Personen:
König Hettel
Gudrun
Der Alte Wate
Die Amme
Frauen Der Gudrun:
Hildburg
Rota Sigrun
Sindgund
Signe
Eirik
Ein Späher
Die Stimme Frutens
Stimmen Der Hegelingishen Wachen
Hegelinge
König Herwig Der Däne
König Hartmut
Gerlind
Ortrun
Zwei Normannenherzöge
Ruuk
Rurik
Fünf Frauen Der Gerlind
Zwei Mägde Der Gerlind
StimmenDer Normannischen Wachen
Normannen
Erster Akt:
Plattform zwischen zwei Türmen. Grenzenloser Himmel. Die riesenhafte Gestalt des alten Wate ragt, auf der hinteren Brüstung kaurernd, mächtig in die blaue, bestirnte Nacht hinauf. Die Burg ist unten im Lande von einer Kette von fünf Wächtern umgeben, welche einander nach einer Stille zusingen.
Stimmen Der Wächter:
Die Erste:
Mein träumender König, geruhig magst schlafen,
Die Zweite:
Links, entfernter.
Sechs Wächter beschirmen dein häusliches Rund!
Die Dritte:
Mitte, ganz fern verhallend.
Ich hüte die Schiffe am schlummernden Hafen,
Die Vierte:
Rechts, entfernt.
Ich spähe nach Segeln am feindlichen Sund.
Die Fünfte:
Rechts unten.
Hettel, mein König, die Stimmen sich trafen,
Wate:
Richtet sich auf, legt die Hände an den Mund und ruft nach hinten:
Die Runde der Rufer schliesset mein Mund.
Er beugt sich über die Brüstung.
He, Du dort unten! Kam der Frute nicht?
Stimme Des Fünften Wächters:
Ich hätts gemeldet. Wahrlich.
Stimme Des Ersten Wächters:
Lang war, Wate, Die Nacht.
Wate:
Gar lang und bang, mein Sohn.
Stimme Des Fünften Wächters:
Nun fährt Der grosse Bär gen Ost.
Wate:
Er schleift den Schwanz,
Als hätt er Angst. Ein junger Wind springt kühl und
Salzig dem Licht voran, und immer noch
Weiss niemand hier, ob schon der Morgen dampft
Vom Rauch des Bluts, obs erst der Abend tut.
Setz Du den Frute von den Planken hin
Ans Land, so hat er Hummerscheren statt
Der Beine.
Stimme Des Dritten Wächters:
Gedhnt:
Ho-oh!
Des Vierten:
Haooh.
Wate:
Ist aufgefahren.
Am Dachshang! Links!
Stimme Des Ersten Wächters:
Ein Schatten hetzet über Tang und Düne.
Wate:
Ruft:
Lauf zu!
Leise:
Wenns Frute ist, dann küss ich ihn,
Er käm zur Zeit.
Zweite Szene:
Stimme Des Ersten Wächters:
Halt. Nenn Dich und uns.
Stimme Frutens:
Bin Frute seit je, ihr Hegelinge. – Platz!
Ich muss mich legen. Meine Rippen springen.
Fünf Stunden lief ich über mürben Sand!
Wate:
Hei, Du mein Wodanswind, mein Frute, brav!
Bleib ja am Boden. Sahst Du sie? Wieviel?
Stimme Frutens:
Am Sturmbock fing ich sie in breite Sicht,
Sechzehn.
Wate:
Am Sturmbock? Bist Du irr?
Stimme Frutens:
Gelaufen Bin ich! – Doch kommt der Waleis noch hinzu,
Er ist im Bund.
Wate:
Ah, könnt ich mit der Faust
An sein Gedärm.
Stimme Frutens:
Ich fing den Späher ab
Und schleift ihn hinter mir, bis er für tot
Zusammenfiel. Vorm Dachshang liegt er.
Wate:
Schafft ihn
Herauf zu mir.
Stimme Frutens:
Sie drehten bei und gingen sachte
Dicht unter Land zum Oog. Dort gaben sie
Die Segel spitz dem Wind zurück und bogen.
Ich konnte nichts mehr sehn. Doch liegen sie
Vor Eisen an der Mövenbank: Die Vögel
Stäubten hellsilbern in die Nacht und zogen
Wild kreischend seewärts ohne Wiederkehr.
Wate:
Bist Dus gewiss?
Stimme Frutens:
Ich zählte fünf Mal hundert!
Wate:
Sie schiebens listig auf die Nacht. Zum Abend
Frisst sie der Hai am Mövenwerder!
Dritte Szene:
Eine Wache schiebt die dunkle Gestalt des abgefangenen Spähers auf die Plattform. Wate erfasst ihn und drängt ihn rückwärts gegen die Brüstung.
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